Der Kaffee war dünn, das Rührei angetrocknet und der Toast kam zu spät.
Der Teufel war gerade von der Nachtschicht zurück gekommen. Dass er sich auf’s Frühstück freute, konnte man nicht sagen. Missmutig schlabberte er am lauen Kaffee und kratzte sich am Steiß. Die beiden Engel mittleren Alters, die ihm gegenüber saßen, schauten sich pikiert an. 
Meist mied es der Teufel, an einem bereits besetzten Tisch Platz zu nehmen, aber heute morgen hatte er keinen freien Tisch mehr gefunden. Er hasste es, insbesondere nach langen erfolglosen Nachtschichten, auch noch Konversation pflegen zu müssen.
„Na, wie war die Arbeit, schwarzer Bruder?“ flötete es ihm entgegen.
Er konnte die Anteil nehmende Art dieser Engel nicht ausstehen, aber er wusste, dass er dem kaum etwas entgegen zu setzen hatte.
„Fuck you!“ knirschte er zwischen seinen gelben Schneidezähnen hervor. 
„Pardon?!“ die Engel hatten natürlich gut verstanden, signalisierten aber deutlich, dass sie auf seine Schmähung nicht eingehen wollten, „wo drückt denn der Schuh?“
Nun war der Punkt gekommen, an dem er am liebsten auf das Frühstück verzichtet hätte, zumindest in dieser Gesellschaft. Die Gemeinheit dieser Engel war geradezu himmelschreiend. Wussten sie doch sehr genau, welche Probleme er hatte, seinen missratenen Fuß zu kaschieren, um in menschlicher Gesellschaft nicht aufzufallen. Von seinen Ausstattern waren eine ganze Reihe entlassen worden. Er konnte jetzt nur noch auf unqualifiziertes Personal zurückgreifen. 
Als suspendierter Engel unterlag er immer noch HERRlicher Budgetierung, insofern war auch er betroffen von den zur Zeit massiven himmlischen Einsparungen. Seine Umhänge wurden zu knapp geschnitten, und seine Hosen kniffen im Schritt. Am schmerzlichsten empfand er aber den Verlust seines Schuhmachers mit orthopädischer Zusatzausbildung. Der verstand es noch, seinen verräterischen Fuß so geschickt in ein der entsprechenden Mode angepasstes Beinkleid zu hüllen, dass ihn einmal sogar Petrus am Tor nicht erkannt hatte. Jetzt musste er sich schon seit vielen Jahren auf Plateau-Sohlen herumplagen, und es war ihm nur ein schwacher Trost, dass diese Art Schuhe im Moment bei den Menschen wieder en vogue waren, was ihm die Arbeit nur partiell erleichterte. 
Viel schlimmer war etwas Grundsätzliches: die Menschen taten sich in letzter Zeit immer öfter selbst das an, wozu er doch eigentlich berufen war, von IHM persönlich, dessen Namen er nicht aussprechen konnte und bei dem Gedanken an IHN sich ein Brechreiz einstellte. Wozu war er noch nütze, wenn sich schon Kinder Schuhwerk von solcher Lächerlichkeit anzogen, wie er es – gezwungenermaßen – aus beruflichen Gründen tragen muss. 
Er erinnerte sich noch an vergangene Tage, da hatte er es mühelos geschafft, eine Gruppe Kinder anzustiften, einem anderen Kind, das wegen verkrüppelter Beine globiges orthopädisches Schuhwerk tragen musste, Steine hinterher zu werfen. Und heute? Überall nehmen die Menschen ihr Schicksal selbst in die Hand und machen ihn überflüssig.
Ein ehrwürdiger alter Herr wehte mit rauschendem Gewand am Tisch vorbei. 
Dem Teufel wurde schlecht.