Das Jahr 2020 begann mit Corona und es endet mit Corona und der Hoffnung auf einen wirkungsvollen Impfstoff mit möglichst wenigen Nebenwirkungen. Statt einer langen Bilanz nur ein paar Stimmen von Menschen, die ihr Leben damit verbrachten und verbringen, infizierten Menschen zu helfen.
„Aber was ist mit den Pflegern, die wir für die Intensivstationen brauchen?“ „Was mir sorgen macht, ist, dass wir nicht genügend Pflegepersonal haben könnten.“ (Breuer, Thomas, Ärztlicher Leiter der Intensivstation des Universitätsklinikums St. Josef-Hospital in Bochum In: DIE ZEIT Nr. 49 vom 26.11.2020, Seite 106)
„In einem halben Tag wurden Entscheidungen getroffen, für die man auf dem üblichen Dienstweg sonst zwei Monate gebraucht hätte – das war außergewöhnlich.“ (Pscheidl, Edgar, Professor für Anästhesiologie und Chefarzt der Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin am Krankenhaus Tirschenreuth. In: DIE ZEIT Nr. 49 vom 26.11.2020, Seite 105)
„In ganz Deutschland hätten wir sicher 10.000 freie Beatmungsplätze gehabt. Aber genügend Materialen dafür gab es nicht. Nicht einmal die Hälfte, tippe ich.“ (Breuer, Thomas, Ärztlicher Leiter der Intensivstation des Universitätsklinikums St. Josef-Hospital in Bochum. In: DIE ZEIT Nr. 49 vom 26.11.2020, Seite 105)
„Es ist eine schlimme Krankheit, das darf man nicht vergessen.“ (Ärztin der Bundeswehr laut Breuer, Thomas, Ärztlicher Leiter der Intensivstation des Universitätsklinikums St. Josef-Hospital in Bochum. In: DIE ZEIT Nr. 49 vom 26.11.2020, Seite 105)

Risikobewertung – Was wir durch Wissenschaft lernen können > Verhaltensempfehlungen
„Wo es möglich ist, beginnt das sichere Fest schon vor der Anreise mit Selbstquarantäne: zehn Tage lang. Wer hustet, Fieber hat oder unter Geschmacksverlust leidet, sollte gar nicht reisen. Bekanntlich können infizierte Menschen auch ohne Symptome ansteckend sein, also ist ein Test auf eine Infektion empfehlenswert – und zwar der empfindlichere PCR-Test. Doch selbst wenn dieser negativ ausfällt, ist das kein Freibrief fürs Kuscheln mit den Großeltern – denn womöglich wäre der Test einen Tag später schon positiv ausgefallen. Gesund und getestet, findet die Anreise lieber im eigenen Auto statt, niemand will das Virus als blinden Passagier zu Oma und Opa mitbringen.
Bei der Ankunft heißt es oft: erst mal Kaffee und Kuchen. Wie hoch das Ansteckungsrisiko dabei ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Wie viele Menschen treffen aufeinander und wie lange? Wie groß sind die Räume? Wird zum Lüften jede Stunde das Fenster aufgerissen? Und wie halten es die Anwesenden mit den Masken? Nehmen wir an, es sitzen 5 Personen maskenlos in einem 25 Quadratmeter großen und 2,40 Meter hohen Raum. Einer ist infiziert und spricht während des dreistündigen Aufenthalts 45 Minuten lang normal laut. In diesem Szenario beträgt die statistische Wahrscheinlichkeit, das sich jemand ansteckt, beachtliche 13 Prozent. Alle 10 Minuten Stoßlüften senkt das Risiko auf 5 Prozent, zusätzlich getragene Alltagsmasken auf nur 1 Prozent. Am besten einigt man sich vorher auf einen begrenzten Familienkreis für die Zeit und bespricht die Regeln.
Anschließend geht es zum Singen nach draußen. Ist das riskant? Gerade das Singen produziert eine Wolke ansteckender Schwebeteilchen, allerdings verwehen diese draußen schnell. Es bleibt aber die Gefahr durch infektiöse Tröpfchen. Davon produzieren wir beim Singen ebenfalls deutlich mehr als bei Sprechen. Deshalb reicht beim Chorgesang der normale Sicherheitsabstand von 1,5 Metern nicht – besonders nicht nach vorne. Mindestens zwei Meter Abstand zum Mitsängen sollten es schon sein. Und der Chor sollte nicht größer sein als die jeweils maximal erlaubte Anzahl von Personen aus zwei Haushalten, also meistens sehr Personen , Kinder unter 14 Jahren sind davon ausgenommen. Ein Restrisiko bleibt. So hat die Schweiz übrigens das gemeinsame Singen verschiedener Haushalte im Freien gerade verboten. Warum nicht in diesem Jahr ein Weihnachtslied gemeinsam summen?
Führt der nächste Gang dann zur Kirche, stellt sich gleich eine weitere Frage. Ist ein hoher Kirchenraum nicht ebenso sicher wie ein gesangloser Aufenthalt im Freien? Ein hohes, weites Kirchengewölbe kann das Risiko einer Ansteckung sicher mindern, aber eben nur, wenn sich auf dem Gestühl nicht die Besucher drängen. Deswegen ist die Zahl der Teilnehmer an Gottesdiensten in diesen Zeiten auch begrenzt. Außerdem wäre es gut, wenn der Chor diesmal schweigt, der Pastor ein Mikrofon benutzt, der Gottesdienst nur kurz ist und etwas Durchzug im Gotteshaus herrscht.
An manchen Orten ist der Gottesdienst inzwischen auf eine kleine Schachtel oder Tüte zusammengeschrumpft. Darin liegt jeweils ein Psalm oder ein Liedzettel. Die Gemeindemitglieder können sich diesen Miniaturgottesdienst von der Kirche abholen. Droht von diesen Weinachtstütchen Ansteckungsgefahr? Auf Verpackungen können Coronaviren haften, aber das gilt natürlich für jede Einkaufstüte aus dem Supermarkt. Im Laborversuch waren die Viren lange auf Oberflächen nachweisbar. Deshalb warnen die Experten vor sogenannten Schmierinfektionen. Zwar ist auf diesem Wege eine Übertragung durch Viren möglich, aber praktisch wohl extrem selten. Außerdem sollten sich alle ja ohnehin häufig die Hände waschen und die Finger vom Gesicht fernhalten. Insofern ist die Weihnachtstüte aus der Hand eines Fremden wahrscheinlich unbedenklich. Das einzige Problem könnte sein, dass der Mindestabstand beim Überreichen unterschritten wird.“ (Albrecht, Harro 2020. So kommen wir sicher zusammen. In: DIE ZEIT Nr. 52 vom 10.12.2020, Seite 72)
Jetzt kann jeder seine eigene Risikobewertung vornehmen.

Hintergrund
– Wohlfahrt, Tom 2020. „Wir haben politisch krass versagt.“ Interview mit den Risikoethikern Adriano Mannino und Niki Mukerji. In: taz am wochenende vom 24.12.2020, Seite 14 politisches Buch
– Burger, Jörg/ Milbradt, Friedrike/ Stolz, Matthias 2020. 256 Tage und Nächte mit Corona. In: DIE ZEIT Nr. 49 vom 26.11.2020, Seite 94-107
– Bartens, Werner et al. 2020. Es bleibt alles anders. Wie unterscheidet sich die zweite von der ersten Corona-Welle im vergangenen Frühjahr? Welche Erkenntnisse über Infektionswege und Therapien hat die Medizin inzwischen identifiziert? Eine Zwischenbilanz In: Süddeutsche Zeitung Nr. 265 vom 16.11.2020, Seite 15
– Fleer Katharina 2020. Und jetzt auch noch Corona. Einfach war es an der Schule von Katharina Fleer schon vor der Pandemie nicht. Nun wird es frostig. Tagebuch einer Lehrerin. In: Süddeutsche Zeitung Nr. 265 vom 16.11.2020, Seite 37
– Rushkoff, Douglas 2020. Bunkermentalität. Wie wir in der Pandemie gelernt haben, uns aus der Wirklichkeit zu tricksen – und dabei verlogenen digitalen Verheißungen aufgesessen sind. In: Süddeutsche Zeitung Nr. 218 vom 21.09.2020, Seite 13
– Uhlmann, Berit 2020. Wie Pandemien enden. Sars war schnell vorbei, die Pocken wuden durch einen Impfstoff ausgerottet: Fünf Faktoren, die über die Dynamik von Infektionskrankheiten entscheiden. In: Süddeutsche Zeitung Nr. 219 vom 22.09.2020, Seite 13
– Schnabel, Ulrich 2020. Wir müssen auch anders können. Die Corona-Krise hat viele Gewissheiten erschüttert. Risikoforscher und Psychologinnen suchen nach Wegen, wie wir lernen, mit Unsicherheit zu leben. In: DIE ZEIT Nr. 39 vom 17.09.2020, Seite 167