Wie war das eigentlich mit den sogenannten HasskommentaToren, bevor es das Internet gab? Wo haben sich diese Menschen ohne angemessene Erziehung, mit zumeist geringer Bildung und oft mit beschränktem Horizont geäußert? Wo haben sie ihre Vorurteile verkündet und ihre emotionale Unausgeglichenheit öffentlich gemacht? Wo haben sie früher gekotzt, wenn sie eine von ihrer Meinung abweichende gelesen haben („Wenn ich das lese, könnt ich kotzen mit einem Dutzend Ausrufezeichen“. Quelle: fb)?

Es war auf der einen Seite, vorn, der berühmte Stammtisch. Und auf der anderen Seite, hinten, eine Stufe drunter, ganz in der Nähe, waren es die Klotüren und die Klowände. 

Warum zumeist dort? Ersatzweise auch Wände, Parkbänke, Brückenpfeiler, Tunnel, Züge usw., also beschreibbare Flächen in der Öffentlichkeit. Manchmal auch Häuserecken. Dort wo Gassenköter ihre Reviere durch UrintröpfCHEN und HäufCHEN markieren: Hier: ICH!

An sehr vielen Klotüren und öffentlich sichtbaren Flächen kann man, wenn man möchte, ähnliches Lesen und sehen, z.B. Hakenkreuze, Hammer & Sichel, Geschlechtsteile im Stil naiver Malerei usw.

Heute haben solche Menschen immer noch die Möglichkeit, ihre teilweise inhumanen Meinungen frei zu zeigen. Ihre Nutzfläche hat sich durch das Internet aber enorm vergrößert und ihre Reichweite ist nahezu grenzenlos … wenn es Leute gibt, die das lesen wollen.

Ich habe früher schon solche Äußerungen gesehen, kaum zu vermeiden, wenn man in einer Gaststätte auf die Toilette geht, und ich habe mich gefragt, warum benutzen solche Toren primär Klotüren und Klowände, um ihr geringes Geistiges abzusondern. Hat es etwas mit der Situation der Entschlackung des Körpers zu tun? Es sollen einem ja beim Kacken Gedanken kommen, sagen Hirn- und Kreativitätsforscher. Was aber, wenn das, was hinten rauskommt, was ja laut einem ehemaligen deutschen Kanzler das Entscheidende ist, sich wenig von dem unterscheidet, was über die Fressöffnung ausgesondert wird? Die Analysen von Giulia Enders in „Darm mit Charme“ lassen wir jetzt mal außen vor. Sind es gar Künstler? Alle Menschen sind ja Künstler, hat mal ein berühmter Künstler behauptet. Also sind es Künstler, die sich da äußern und in einem Anfall eines introspektivischen stream of consciousness dekonstruktivistisch performen? Es geht also um die aufmerksamkeitssteigernde Enthierarchisierung aller körperlichen Mittel, heißt: Was hinten rauskommt ist was vorne rauskommt ist pure körperlich-sinnliche Präsenz ist Versuch partizipativer Einbindung des Publikums, zumindest olfaktorisch-visuell? Ist haptisch? Performance ganz im ursprünglichen Sinne – the artist is present – das Publikum direkt konfrontierend, einbeziehend, berührend … Urgh! … Mpf!? 

Warum sollte ich mich zu „Klotür-Inschriften äußern? Ich habe das doch früher auch nicht getan. Aus gutem Grund. Warum sollte ich es jetzt tun? Weil sich die beschriftbare Nutzfläche – auch YouTube usw. sind eigentlich erstmal nur speakers-corner, Werkzeuge zur Herstellung von Öffentlichkeit – bis ins Grenzenlose erweitert hat, für nahezu jeden Menschen? Warum gehen so viele Menschen, auch vermeintlich kompetente Journalisten, auf solch geistigen Dünnschiss immer wieder ein und erzeugen eigentlich erst eine große BREItenwirkung, indem sie diesen Scheißbrei noch ordentlich verteilen und breittreten. Wir wissen ja, dann klebt das Zeug auch irgendwie an einem und zieht diese Schmeißfliegen usw. erst recht an. Ich bitte meine etwas drastische Sprache zu entschuldigen, aber es geht nunmal um öffentlich gemachte Scheiße.

Fazit: Let the shit in the toilet. Put the toilet (and the urinal) back into the restroom. Hat so oder so ähnlich auch schonmal ein Künstler gesagt. Oder ein Kritiker eines Künstlers. So genau weiß ich das jetzt nicht mehr. Egal. Let the shit in the toilet.